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Umfrage belegt: Die Zahlen aus der Veranstaltungsbranche sind vernichtend

Bern, 8. März 2021 – Was nach gesundem Menschenverstand schon logisch erscheint, zeigt jetzt eine grosse Branchen-Umfrage erschreckend deutlich: Ein Jahr, nachdem Covid-19 auch in der Schweiz das Leben auf den Kopf gestellt hat, steht die hiesige Event- und Veranstaltungsbranche mit einem Bein über dem Abgrund. Der Bund wird darum dringend dazu aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen und einen Schutzschirm für Corona-bedingte Absagen ab Spätsommer 2021 im Covid-Gesetz zu verankern.

Um sich selbst und den Behörden einen repräsentativen Überblick über die Lage zu verschaffen, hat der Branchenverband Swiss LiveCom Association EXPO EVENT in Zusammenarbeit mit den Partnerverbänden svtb und Tectum seine Mitglieder aufgerufen, an einer eingehenden Umfrage teilzunehmen. Dabei haben die Geschäftsinhaberinnen/-inhaber und leitende Angestellte von 153 Unternehmen verbindliche Auskünfte gegeben; zu Umsatzzahlen, zur Mitarbeitenden-Situation, zu Projektaussichten, zum Bezug von Hilfsmassnahmen und zu zahlreichen weiteren relevanten Themen.

Im Krisenjahr 2020 sind es sage und schreibe über 17’000 Projekte, die der
Veranstaltungsbranche abgesagt wurden. Daraus resultierte ein Umsatzeinbruch von 57%, was 3,19 Mia. CHF entspricht. Rund 4’460 Arbeitsplätze gingen 2020 verloren. Verteilt über die gesamte Branche, haben etliche Unternehmen ihren Betrieb eingestellt oder sich komplett neu orientiert. Durch den Wegfall von Messen, Events und Kongressen entsteht in der Bruttowertschöpfung ein Loch von 10 Mia CHF.

Alle Resultate der Umfrage sind Bestandteil der beiliegenden Umfragestatistik. Und sie zeigen auf, wie sehr das Überleben der meisten Unternehmen aus der Veranstaltungsbranche davon abhängt, ob im Covid-19-Gesetz ein Schutzschirm für Corona-bedingte Absagen verankert wird. Denn auch mit einem Ende der Pandemie ist ein Ende des Notstands für viele Firmen noch lange nicht in Sicht. Über 70% der Umfrageteilnehmenden haben beispielsweise einen Covid-19-Kredit beantragt, dessen Abzahlung noch Jahre dauern wird. Kommt dazu, dass auch die potenziellen Auftraggeber über künftige Aktivitäten keine Sicherheit abgeben können und wollen, was die seit nun einem Jahr herrschende Planungsunsicherheit noch bestimmt bis weit ins Jahr 2022 verlängern wird.

Aufgrund der aktuellen epidemiologischen Situation und dem aktuellen Schweizer Impfplan ist davon auszugehen, dass es auch 2021 und 2022 zu horrend vielen Absagen kommen wird. Ohne den geforderten Schutzschirm stehen somit tausende Arbeitsplätze auf dem Spiel – und die kurz- bis mittelfristige Konkurrenzfähigkeit des Veranstaltungsortes Schweiz.

Aktuelle Lage Veranstaltungsbranche

Die Veranstaltungsbranche umfasst gemäss einer Umfrage im Januar 2021 noch 1’030 Unternehmen, 18’500 Mitarbeiter, 40’000 freiwillige Helfende (Freelancer) und erwirtschaftet im Jahr 2020 noch einen Umsatz von 2.37 Mia. CHF (Vorjahr 5,56 Mia CHF). Nach einem massiven Abbau im Jahr 2020 und ohne finanzielle Unterstützung droht dem Veranstaltungsbereich eine Konkurswelle mit Verlust von vielen weiteren Arbeitsplätzen.

Medienkontakt
Adrian Erni
079 464 64 59
adrian.erni@expo-event.ch

ÜBER EXPO EVENT

Die Swiss LiveCom Association EXPO EVENT steht für einen starken nationalen Branchenverband, der sich für die Anliegen der Live Communication-Branche einsetzt. Der Verband ist 2009 aus der Fusion der Vereinigung Messen Schweiz (VMS) und der Expo-Event Swiss Association entstanden. Mit Messen, Supplier und Agenturen sind alle Anbieter der Event-Welt in einem Dachverband vereint. Dadurch ist EXPO EVENT heute das Sprachrohr der LiveCom-Branche. Das Ziel des Verbandes ist es, mit regelmässigen Events und Workshops die Mitglieder stärker zu vernetzen und neue Trends der Branche aufzuzeigen. Dies im Zusammenhang mit dem Fachwissen und Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern. www.expo-event.ch

Veranstaltungs- und Messebranche: Branchenumfrage während und nach Corona-Krise

Erhebungszeitraum Januar 2021 / Publikation März 2021

Umsatzeinbruch 2020 von 57% bei leicht optimistischen Aussichten auf 2021

Die Schweizer Veranstaltungsbranche verzeichnet einen Umsatzeinbruch von rund 57% (3,19 Mia. CHF). Das Covid-19-bedingte Veranstaltungsverbot und die entsprechende Planungsunsicherheit führten zu einem Stellenabbau von 20% und zahlreichen Unternehmensschliessungen oder der Abkehr vom Eventgeschäft. Die gesamte Branche schätzt die Marktaussichten 2021 leicht optimistischer ein und rechnet mit einer Umsatzeinbusse von 33% im Vergleich zum Geschäftsjahr 2019 und
einem weiteren Stellenabbau. Letzterer könnte nur über zukunftsorientierte Impulsprogramme aufgefangen werden, welche die gesamtwirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise unterstützen.

Messeveranstalter verzeichnen bereits im Januar für das laufende Jahr 35 Absagen

Die Messeveranstalter mussten aufgrund der aktuellen Lage 2021 bereits über 35 Messeprojekte absagen. Daraus resultiert bereits jetzt ein Umsatzverlust von mehr als 220 Mio. CHF, was einer Bruttowertschöpfung von 1,54 Mia. CHF (Faktor 7) entspricht.

Marktkennzahlen korrigieren sich nach unten

  • Anzahl Unternehmen:
    2020: 1’030 / 2019: 1‘250
  • Anzahl Mitarbeitende:
    2020: 18’540 / 2019: 23’000

Stellenabbau von 20% gefährdet die Marktfähigkeit der Branche

Gemäss der Umfrage gingen im Krisenjahr 2020 rund 4’460 Arbeitsplätze verloren. Somit dürften per 1. Januar 2021 noch 18’540 Mitarbeitende in der Veranstaltungs- und Messebranche tätig sein. Verteilt über die gesamte Branche, haben etliche Unternehmen ihren Betrieb eingestellt oder sich komplett neu orientiert.

Rund 10 Mia. CHF weniger Bruttowertschöpfung durch Wegfall von Messen, Veranstaltungen und Kongressen

Die Veranstaltungsbranche verzeichnet gesamthaft einen Umsatzrückgang von 57% (3,19 Mia. CHF). Die daraus entstandene Einbusse der Umweg-rentabilität (Faktor 4) bemisst sich auf weitere 9,6 Mia. CHF (schwerwiegende Konsequenzen für Tourismus, Hotellerie, Gastronomie, Transport, Detailhandel- und weitere Zulieferbranchen).

  • Umsatz
    2020: 2,37 Mia. CHF / 2019: 5,56 Mia CHF
  • Umwegrentabilität (Faktor 4)
    2020: 9,48 Mia. CHF / 2019: 22,24 Mia. CHF

Rund 17’000 verschobene oder abgesagte Projekte im Krisenjahr 2020

Im Krisenjahr 2020 wurden rund 17‘000 Projekte abgesagt. 30% wurden ins Jahr 2021 verschoben und weitere 5% ins Jahr 2022. Bei den verschobenen Projekten handelt es sich um grössere Live-Projekte mit einer Durchführungsabsicht ins Folgejahr von 50%. Aufgrund der aktuellen epidemiologischen Lage und dem aktuellen Schweizer Impfplan gegen Corona rechnet die Branche mit weiteren Absagen bereits verschobener Projekte.

Digitale Dienstleistungen sind gefragt

Entsprechend der Umlagerung der Marketingbudgets auf digitale Services sowie der Coronabedingten Einschränkungen (Veranstaltungs- und
Versammlungsverbot) erwartet die Veranstaltungsbranche einen Anstieg von 10% für digitale Leistungen im Event-Bereich (Streaming, Content Creation, hybride Formate). Zudem stieg bis zum Frühjahr 2020 der Umsatz mit kulturellen Online-Inhalten, -Diensten und -Werken sehr stark an und wird dies auch weiter tun.

Über 80% aller Mitglieder beziehen Corona-Hilfsmassnahmen

Rund 73% der Branche haben den Covid-19- Kredit bezogen und 86% beziehen KAE. 15% haben bis im Januar Härtefallunterstützung
beantragt. Bis Ende April müssen rund 50% der Mitglieder die Zahlungen erhalten, um weitere Konkurse abzuwenden. Zudem fordern 60%
Anschubfinanzierungen für Innovationsprojekte zur Ankurbelung der Wirtschaft und zum Branchenerhalt sowie Ausfallentschädigungen für Projekte, welche ab Sommer 2021 geplant werden müssen.

Härtefallhilfen: Ungerechtfertigte Wettbewerbsverzerrung

Ob ein Unternehmen genügend schnell Härtefallgelder beziehen kann oder aber Konkurs anmelden muss, hängt unter anderem auch davon ab, in welchem Kanton Härtefallhilfe bezogen wird. Denn der Weg, um an die dringend benötigten Härtefallgelder zu kommen, bleibt von Kanton zu Kanton verschieden. Diese Ungleichbehandlung der Unternehmen führt zu
einer ungerechtfertigten Wettbewerbsverzerrung. Je nach Anforderungen fallen zudem immer noch zu viele Unternehmen durch die Maschen.

FAZIT: Die Messe- und Veranstaltungsbranche hat ein rabenschwarzes Jahr hinter sich. Die behördlich verordneten Massnahmen haben deutliche Spuren hinterlassen.

Facts & Figures

Umfrage bei den Mitgliedern der führenden Branchenverbände der Schweiz (Geschäftsinhaber/Leitende Angestellte).

Erhebungsmethode: Online
Erhebungszeitraum: Januar 2021

Total Rückmeldungen: 153

  • deutschsprachige Umfrage: 124
  • französische Umfrage: 20
  • italienische Umfrage: 9

Die Swiss LiveCom Association EXPO EVENT steht für einen starken nationalen Branchenverband, der sich für die Anliegen der Live Communication-Branche einsetzt. Der Verband ist 2009 aus der Fusion der Vereinigung Messen Schweiz (VMS) und der Expo-Event Swiss Association entstanden. Mit Messen, Supplier und Agenturen sind alle Anbieter der Event-Welt in einem Dachverband vereint. Dadurch ist EXPO EVENT heute das Sprachrohr der LiveComBranche. Das Ziel des Verbandes ist es, mit regelmässigen Events und Workshops die Mitglieder stärker zu vernetzen und neue Trends der Branche aufzuzeigen. Dies im Zusammenhang mit dem Fachwissen und Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern. www.expo-event.ch

Kontakt
EXPO EVENT Swiss LiveCom Association
Kappellenstrasse 14, 3001 Bern
Telefon +41 58 796 99 54
Mail: info@expo-event.ch

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„Notfalls muss ich Ältere entlassen“

Der Kanton Luzern stockt die Härtefallhilfe für Unternehmen auf. Betroffene Firmen warten sehnlichst auf verbindliche Angaben und das Geld, wie das Beispiel der Willisauer Hunziker AG zeigt.

Alexander von Däniken

Normalerweise stehen immer irgendwo Zelte und Tribünen
der Hunziker AG; ob bei einem Rockkonzert, einem Schwingfest, der Luga oder beim WEF. Doch die Zeiten sind für das Willisauer Traditionsunternehmen seit einem Jahr nicht normal. Das Material dekoriert die 11000 Quadratmeter grosse Lagerhalle, die 50Angestellten erhalten seit April letzten Jahres nur noch 80 Prozent Lohn aus der Kurzarbeitsentschädigung. „Ihr bekommt doch Milliarden vom Bund!“ Wegen dieses Satzes hat Roland Küng, CEO der Hunziker AG, eine gute
Freundschaft beendet. Küng sagt, im letzten Frühling habe er einen Covid-Kredit erhalten, den er zurückzahlen muss. Auf die eigentliche Härtefallhilfe von Bund und Kanton warte er aber noch immer. Diese brauche er dringend.

Hohe Rechnungen flatterten ins Haus

Allein im Dezember trudelten Rechnungen von rund einer halben Million Franken ein: Fahrzeug- und Verkehrssteuern, obwohl die Lastwagen nicht mehr eingelöst sind, oder von der Suva. Unternehmerkollegen sagen laut Küng, sie würden erst wieder ordentliche Steuern zahlen, wenn sie staatliche Unterstützung erhalten haben. Andere würden sich ernsthaft überlegen, Insolvenz anzumelden. Viele Patrons hätten ihr ganzes Kapital in die Firma gesteckt und bangen um ihre Existenz. Und Küng? Er macht alles, um sich und seinen Angestellten eine Zukunft zu ermöglichen.
Noch vor einem Jahr habe die Firma 70 Angestellte gezählt, sagt Roland Küng. Gekündigt habe er sechs Mitarbeitern. Die anderen 14 seien von sich
aus gegangen. Auf den Bau, wo es immer Arbeit gebe. „Das kann ich gut verstehen.“ Bei der Kurzarbeit hat sich die Geschäftsleitung überlegt, dass die Firma die 20 Prozent Lohneinbusse der Angestellten übernimmt. Sie tat es mit Blick auf die Dauer der Krise nicht. Das Übernehmender Lohndifferenz für 70 Angestellte hätte die Firma in einem Jahr etwa eine Million Franken gekostet.

Rund 80 Prozent Umsatzeinbusse hat die Hunziker AG 2020 verzeichnet. Im letzten Frühling hat sie einen Covid Kredit des Bundes erhalten. Und kräftig gespart. „Mehr liegt nicht drin“, sagt CEO Küng. Die Aussichten sehen nicht gut aus. Die meisten Veranstaltungen bis Ende November seien bereits
abgesagt. Was das Unternehmen jetzt braucht, sind Unterstützung und Perspektiven. Seit dem 4.Februar zahlt der Kanton Luzern Härtefallgelder aus. Küng weiss nur, dass das Gesuch für vollständig erklärt worden ist. „Ich muss wissen, wann ich wie viel erhalte und wie viel ich davon zurückzahlen muss.“


„Ich muss wissen, wann ich wie viel erhalte und wie viel ich davon
zurückzahlen muss.“

Roland Küng
CEO Hunziker AG


Roland Küng will nicht polemisch wirken. Er will aufzeigen und unbedarfte Sätze verhindern, die Freundschaften gefährden. Dass die Luzerner Regierung die Härtefallhilfe um 22 Millionen Franken aufstocken will, sei richtig. Dass es wegen des fakultativen Referendums bis zur Auszahlung lange geht, sei verständlich. Dass die Afonds-perdu-Anteile erhöht und
flexibler auf die Bedürfnisse der Firmen zugeschnitten werden, sei absolut notwendig.

Ungleichbehandlung zehrt anden Nerven

Nur zehre es an den Nerven, wenn durch eine Ungleichbehandlung behördlich geschlossenen Betrieben seit Januar unkompliziert geholfen wird. 40 Millionen Franken hat die Luzerner Regierung dafür gesprochen, die Firmen müssen die Beiträge nicht zurückzahlen. Es sei mühsam, wenn zumindest bei der noch heute geltenden Regelung ein Reisebüro mit fünf
Angestellten einen gleich hohen A-fonds-perdu-Anteil erhält wie die Hunziker AG mit ungleich höheren Fixkosten. „Für all das habe ich Verständnis und ich will nichts gegeneinander ausspielen“, betont Küng.
Nur: Die Ungewissheit sei da. Küng betont, er kämpfe dafür, niemanden entlassen zu müssen. Und wenn, dann sollten es jüngere Leute sein mit guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Normalerweise. Gehe diese Situation aber so weiter, sagt Küng, „werde ich notfalls ältere Angestellte entlassen müssen“.

Nur so könnten genügend Personalkosten eingespart werden, um das Unternehmen zu retten. Ein Unternehmen, an dem Dutzende Existenzen hängen.